Die 5 Fehler bei der Einführung einer Testautomatisierung
Autor: Carsten Negrini
Mit der Einführung einer Testautomatisierung versucht man den Testaufwand und die Durchlaufzeiten des Testportfolios zu senken und die Testabdeckung gleichzeitig zu erhöhen.
Dies ist das Kerngeschäft der redbots, in dem wir in unterschiedlichen Branchen bereits seit mehreren Jahrzehnten tätig sind.
Dabei fallen uns immer wieder die gleichen Fehler auf, die die Einführung der Testautomatisierung wesentlich behindern oder die Zielerreichung sogar ganz verhindern können.
1. Fehlende Zieldefinition
Wer kennt es nicht? Projekte starten dynamisch, jedes Projektmitglied ist hochmotiviert, man hat den Erfolg praktisch schon vor Augen…und dann fehlt das Projektkickoff beziehungswiese die darauf folgenden Workshops, in denen die Erwartung der Stakeholder an das Projekt abgeklopft wird.
Wenn in dieser Projektstartphase die Stakeholder nicht bereit sind, Ihre Erwartungen klar und deutlich zu formulieren und das Projekt nicht die Erwartungen entsprechend versteht, ist ein Projekterfolg praktisch nicht mehr erreichbar.
Jede Minute, die in dieser Phase investiert wird, ist ein sehr gutes Investment.
2. Keine klare Roadmap
Die Roadmap für jede Testautomatisierungslösung muss mindestens für die nächsten vier Wochen, besser für die nächsten drei Monate vorausgeplant sein. Zweifelsohne kann man besonders im agilen Kontext nicht unbedingt das Zielbild der Testautomatisierungslösung (und damit die Roadmap) direkt zu Projektbeginn klar skizzieren.
Dennoch sollte eine Roadmap der nächsten 1-3 Monate mindestens vorhanden sein, was ungefähr zwei bis vier dreiwöchigen Sprints entspricht.
3. Nicht passende Testautomatisierungsarchitektur
Während die ersten beiden Fehler klassische Fehler des Projektmanagements beziehungsweise in der Abstimmung zwischen Projekt und Stakeholdern sind, ist der hier beschriebene Fehler hauptsächlich auf menschliche Faktoren zurückzuführen. So wird beispielsweise eine Testautomatisierungsarchitektur auf Basis eines nicht-passenden Tools implementiert, sei es, weil keine anderen/besseren Lösungen bekannt sind, sei es, weil bekannte und schlecht passende Tools den Mitarbeitern bequemer in der Nutzung erscheinen als genau passende Lösungen.
Dies ist jedoch einer der Kostentreiber bei der Implementierung einer Testautomatisierungsarchitektur, schließlich kann man eine einmal gewählte TA-Architektur nur noch unter großem Zeit- und monetären Aufwand wieder umbauen.
In unserer Beratungserfahrung sind das besonders die Aspekte unbeaufsichtigt laufender Testautomatisierung, nicht berücksichtigter Einsatz in Build-Pipelines, Kennwortspeicherung, parallel laufende Testausführungen und architektonische Unterstützung unterschiedlicher Testumgebungen, an die häufig nicht gedacht wird.
4. Ausschließlicher Fokus auf “Quick-Wins”
Je nach Firmenkultur liegt es nahe, sich zuerst auf die sogenannten Quick-Wins zu fokussieren, also Features, die schnell und kosteneffizient umsetzbar sind und einen guten Return-on-invest versprechen.
Hierbei ist es allerdings unbedingt notwendig, den Blick für das große Ganze nicht zu verlieren. Und wenn man Quick-Wins realisiert, muss man darauf achten, genügend Flexibilität in die Testautomatisierungslösung einzubauen, damit man spätere Erweiterungen um die Slow-but-large-Wins überhaupt noch realisieren kann.
Relativ häufig ist das ein Fehler, der von unerfahrenen Mitarbeitern begangen wird und später nur noch mit großem Aufwand oder sogar ganzen Konzeptänderungen an der Testautomatisierung repariert werden kann.
5. Fürstentümer
In vielen Firmen gibt es eine Kultur der lokalen Fürstentümer, beginnend mit einzelnen Vorstandsressorts bis hinunter auf Abteilungsebene. Dann möchte die eine Abteilung nicht, dass eine Testautomatisierung ein Erfolg wird, weil das Projektteam im wesentlichen aus Mitarbeitern der anderen Abteilung besteht.
In diesem Fall ist aus Sicht des Projektteams relativ wenig zu machen, es sei jedoch gesagt, dass aus unserer Erfahrung diese lokalen Fürstentümer im Normalfall nach einer gewissen Zeit des Leidens durch den Ersatz der Fürsten mit kooperativeren und damit zielorientierteren Führungskräften aufgelöst werden.